Falscher Bekenner - Zum Film
Es ist Nacht, die Autobahn leer. Armin ist allein unterwegs, zu Fuß,
immer an der Leitplanke entlang. Ein Jaguar, zerschellt an einem Brückenpfeiler,
das Gesicht des Fahrers leblos. Was Armin bewegt, eines der Trümmerteile
an sich zu nehmen, weiß er nicht.
Jeden Tag eine Bewerbung, das haben seine Eltern mit ihm ausgemacht,
seit er die Mittlere Reife in der Tasche hat. Armin weiß nicht recht,
was er werden will. Das Jugendzimmer bei den Eltern, das familäre
Wohlwollen, die Brüder, die ihren Weg längst gemacht haben – all
das scheint Armin zu bedrängen und zu lähmen. Nun sitzt er an
seinem Schreibtisch, die Spurstange, das Relikt der letzten Nacht, vor
sich. Aus dem Bewerbungsschreiben wird ein Bekennerbrief: ‚Dieser
Unfall war mein Werk...‘.
Im Bus Katja, die hübsche, unerreichbare Nachbarstochter. Armin
steigt aus. Die Presse berichtet über den Unfalltoten, einen Bankier.
Der Brief des Bekenners wird geprüft, man nimmt ihn ernst.
Wieder ist es dunkel, der Verkehr rauscht in der Ferne vorbei. Armin
in einer Toilette an der Autobahn, sehnsüchtige, obszöne Sprüche
auf abwaschbaren Fliesen, er in einer Gruppe von Männern auf schweren
Maschinen, die wilde, nächtliche, berauschende Fahrt.
Armin absolviert seine Bewerbungsgespräche. Was ist Ihre Lieblingsfarbe?
Sind Sie ein Teamplayer? Was interessiert Sie am Beruf des Reisekaufmanns?
Es geht nicht recht voran. Den nächsten Bekennerbrief schreibt Armin
nach einem Brand in der Innenstadt. Die Zeitungen berichten groß.
Langsam wird deutlich, dass hier ein falscher Bekenner am Werk ist. Was
er denn so mache, fragt Katja beim Pommes-Essen. Das willst du lieber
nicht wissen, sagt Armin. Und lächelt.
Mit einem ebenso aufmerksamen wie liebevollen Blick für die Rituale
familiärer Bande erzählt Christoph Hochhäusler vom Versuch
einer Selbstfindung, in dem Wirklichkeit und Vorstellung sich immer mehr
verwirren. Präzise, in wunderbar komponierten Bildern (Kamera: Bernhard
Keller) und mit spürbarer Freude am Absurden im Normalen erkundet Falscher
Bekenner die zugleich fremd und vertraut erscheinende Welt bundesdeutscher
Vorstädte. Hochhäuslers Charaktere haben Nöte, Geheimnisse,
Sehnsüchte wie alle Menschen. Doch mit den Sinnfragen, die sich ihnen
heute stellen, sah sich bislang keine Generation in ihrer Jugend konfrontiert.
Zur Entstehung
Am Anfang des Projekts stand der Wunsch von Regisseur Christoph Hochhäusler
und der Produzentin Bettina Brokemper, die gerade ihre eigene Filmproduktion
Heimatfilm gegründet hatte, einen gemeinsamen Film zu machen. Es
sollte ein „schneller Film“ werden, der inhaltlich und ästhetisch
keine Kompromisse eingeht. „Natürlich haben wir auf Sender
und Fördergelder gehofft, aber wir wollten uns davon nicht abhängig
machen“, sagt Bettina Brokemper. „Nach einigen Neins haben
wir uns spontan entschlossen, den Film trotzdem zu machen, für ein
Minimalbudget.“
Dann ging alles sehr schnell: 30 Tage Vorbereitung, 20 Tage drehen, zwei
Monate schneiden. „Die ganze Produktion war sehr anstrengend, aber überraschend
gut gelaunt. Das Team war unglaublich motiviert, die Schauspieler spielfreudig“,
meint Christoph Hochhäusler. Ein besonderes Augenmerk galt der Besetzung,
für die u.a. mit Manfred Zapatka, Victoria Trauttmansdorf, Devid
Striesow und Florian Panzner hervorragende Schauspieler gefunden wurden. „ Als
wir Constantin von Jascheroff schließlich unseren Armin gefunden
hatten, war ich unendlich erleichtert“, sagt Hochhäusler. „Er
ist ein überragendes Talent, ein Geschenk für jeden Regisseur.“
Möglich wurde die Produktion durch Unterstützung und Beistellungen
der Münchner Werbefilmproduktion Embassy of Dreams, Zentropa aus
Dänemark und der Pictorion/Das Werk aus Düsseldorf. Trust Sales
stieg als Weltvertrieb ein, nach Rohschnitt-Sichtung kam eine Postproduktionsförderung
der Filmstiftung NRW hinzu. Falscher Bekenner wurde in der Reihe Un
Certain Regard in Cannes 2005 uraufgeführt. Auf dem Filmfest
München wurde Constantin von Jascheroff als bester Hauptdarsteller
ausgezeichnet.
Mit Constantin von Jascheroff, Manfred Zapatka, Victoria Trauttmansdorff,
Nora von Waldstätten, Devid Striesow, Florian Panzner, Thomas
Dannemann, Laura Tonke, Dennis Prinz, Martin Kiefer u.v.a.
Buch & Regie: Christoph Hochhäusler, Kamera: Bernhard Keller,
Schnitt: Stefan Stabenow, Szenenbild: Beatrice Schultz, Kostüm: Susanne
Sasserath, Musik: Benedikt Wolfgang Schiefer, Ton: Wolfgang Vogl,
Casting: Ulrike Müller, Produzentin: Bettina Brokemper
Eine Produktion der Heimatfilm in Kooperation mit Pictorion Pictures,
Embassy Of Dreams, Zentropa,
Pictorion Das Werk, Herold + Besser. Gefördert von der Filmstiftung
NRW. Im Verleih der Piffl Medien.
Verleih gefördert von der Filmstiftung NRW und FFA
D 2005, 94 min, 35 mm, Cinemascope, Dolby Digital
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